Das Leben mit einer Katze nach Amputation einer Gliedmasse

Das Leben mit einer Katze nach Amputation einer Gliedmasse

Die Tierärztin Lyn Forster untersuchte gemeinsam mit Sandra Corr von der Nottingham
Vet School /GB ,welchen Einflus der Verlust einer Gliedmaße auf das Wohlbefinden von
Katzen hat und suchte gleichzeitig nach Möglichkeiten dies zu verbessern. „International Cat Care“ unterstützte diese Arbeit.

Lyn befragte Besitzer, deren Katze eine Gliedmasse oder ihren Schwanz verloren hatten.

Die Ergebnisse helfen uns besser zu verstehen, wie eine Katze nach diesem Verlust ihr Leben meistert. Amputationen von Gliedmassen oder Schwanz werden aus verschiedenen medizinischen Gründen notwendig , häufig nach Verkehrsunfällen oder anderen Verletzungen.

Ergebnisse der Studie – 230 Katzen mit Amputationen waren eingeschlossen. Einige Ergebnisse erstaunten nicht:

  • 80% der Katzen gehörten zur Rasse „Europäisch Kurzhaar“, der häufigsten Rasse im Vereinigten Königreich
  • Zwei Drittel der betroffenen Katzen waren männlich, vermutlich weil Kater einen größeren Bewegungsradius haben als Katzen und daher einem höheren Unfallrisiko ausgesetzt sind.
  • Zwei Drittel der Katzen waren jünger als vier Jahre, Jüngere Katzen sind unerfahrener und weniger vorsichtig und geraten damit häufiger in gefährliche Situationen
  • Hauptgründe für die Amputation sind hingegen bei beiden Geschlechtern gleich: Knochenbrüche, dauerhafte Nervenschädigungen sowie schwere Muskel-und Hautverletzungen
  • Bei den Schwanzamputationen standen Nervenschädigungen an erster Stelle
  • Nur wenige Besitzer haben den Unfall direkt beobachtet, in der Mehrzahl der Fälle wird
    aber ein Verkehrsunfall vermutet
  • rechte und linke Gliedmaßen sind gleich häufig betroffen
  • Doppelt so häufig sind die Hintergliedmaßen betroffen. Mögliche Ursachen hierfür:
  • die Vordergliedmassen tragen mehr Gewicht als die Hintergliedmassen, Amputationen der Vordergliedmassen werden deshalb weniger als Behandlungsoption
    angeboten
  • bei Verletzungen der Vordergliedmassen sind häufig auch Brustkorb- und Lunge verletzt, was zu niedrigeren Überlebensraten führt
  • vermutlich sind die Hinterbeine auch einfach häufiger von Verletzungen betroffen Unterschiede zwischen Katzen und HundenWir wissen jetzt, dass die typische amputierte Katze ein junger Europäisch Kurzhaar Kater ist., der sein Bein infolge eines Unfalls verlor. Bei Hunden sind die Patienten älter, meist Rassehunde, die ihre Gliedmasse durch eine Tumorerkrankung verloren haben. Dies sind zwei völlig verschiedene Situationen und damit ein weiteres Beispiel dafür, dass Katzen keine kleinen Hunde sind.
    Wie gehen Katzen und ihre Besitzer mit der Amputation um?

    Die Besitzer wurden gebeten, Fragen zum Verhalten ihrer Katze, ihrem Aktivitätslevel, der Bewegung, Schnelligkeit, und Spielfreude zu beantworten, Auch die Stimmung der Katze, Zustand des Fells, Appetit, Putzverhalten und der Umgang mit Menschen und Artgenossen wurden erfragt. Interessanterweise war die einzige Einschränkung, die die Besitzer bei Ihren Katzen feststellten eine verminderte Bewegungslust mit langsameren Bewegungen, ALLE anderen Aspekte waren durch die Amputation nicht beeinflusst worden. Einige Besitzer stellten fest, dass ihre Katze schneller ermüdete. Es ist anstrengender auf drei Beinen zu laufen als auf Vier, aber die Lebensqualität war sonst exzellent. 90% der Besitzer empfanden so, nur 10% stuften die Lebensqualität ihrer Katze nach der Amputation als geringer ein. 95% der Besitzer würden sich wieder für die Amputation entscheiden, wenn sie die Entscheidung noch einmal treffen müssten. Wichtigkeit der Schmerzkontrolle 90 % der Katzenbesitzer wussten, dass ihre Katze mit Schmerzmedikamenten nach der OP entlassen wurde, Dies ist sehr erfreulich, da die Operation unvermeidlich sehr schmerzhaft ist. Trotzdem empfanden 36 % die abgegebene Medikation als nicht ausreichend, da es immer noch Momente gab, in denen ihre Katze ihnen als schmerzhaft erschien. Da Schmerz nicht nur unangenehm ist sondern auch die Heilung behindert, könnte eine verbesserte Schmerztherapie die Zeit der Genesung nicht nur erträglicher gestalten ,sondern auch verkürzen. Die Wichtigkeit einer umfassenden Schmerzbehandlung kann also nicht hoch genug eingestuft werden: Die Katzen, die ihren Besitzern als schmerzhaft erschienen , brauchten im Schnitt mehr als einen Monat um sich von der OP zu erholen, während die Katzen, die entspannt und schmerzfrei wirkten durchschnittlich 2 Wochen zur Genesung benötigten.

    Die Geschichte von Buba – aufgeschrieben von Teresa Martin

    Manchmal muss eine Katze sich mit dem Leben auf drei Beinen abfinden. Dies hat oft Auswirkungen auf ihr Verhalten und ihre Aktivitäten. Auch wenn es den Katzen meistens gelingt, sich mit der neuen Situation abzufinden und wieder ein zufriedenes Katzenleben zu führen, bedeutet die Übergangsphase zunächt Stress, nicht zuletzt wegen des Unfalls oder der Erkrankung, die die Amputation erst nötig machte. Buba war ein kastrierter, sechs Jahre alter Europäisch Kurzhaar Kater, extrovertiert und freundlich , der sein linkes Hinterbein durch einen Motorradunfall verlor. Seine Geschichte veranschaulicht uns den Gewöhnungsprozess an die neue Situation. Nach der OP merkt die Katze zunächst, dass einige Bewegungen, die früher selbstverständlich waren, nicht mehr so funktionieren wie einst. Angst und Frustration können die Folge sein. Dem Leben auf drei Beinen begegnen Bubas Gewöhnungsprozess war nicht einfach. Er wurde depressiv und sehr ruhig. Er spielte nicht mehr , putze sich nicht mehr, auch nicht nach dem Toilettengang und hörte auf zu schnurren, Vielleicht aus Frustration frönte er einer Beschäftigung besonders, die nicht wehtat: Fressen. In den ersten Tagen nach dem Klinikaufenthalt war Buba unruhig, dies lag auch an dem Halskragen, den er zum Schutz der Wunde tragen musste. Anfangs zog sich Buba immer mehr in sich zurück und war sehr skeptisch gegenüber fremden Personen, was für ihn ein sehr untypisches Verhalten war. Nach und nach gewann aber sein einst so extrovertierter Charakter und er verlor seine Scheu gegenüber Fremden allmählich wieder. Die körperliche Anpassung kann durch die Einbildung, die amputierte Gliedmasse wäre noch vorhanden (Phantomglied), erschwert werden. Die Katze denkt , sie könne sich noch auf die fehlende Gliedmaße verlassen und es braucht Zeit , um alternative Bewegungsmöglichkeiten zu finden. Vier Jahre nach dem Unfall versucht Buba noch immer sich mit der fehlenden Hinterpfote zu kratzen. Bubas Verhalten liess vermuten, dass Phantomschmerz bei Katzen ein ähnliches Problem ist wie beim Menschen nach Amputation. Noch mehrere Monate nach der Operation, nachdem die Wundheilung lange abgeschlossen war, mochte Buba nicht am Stumpf berührt werden. Auch Impfungen, die in der linken hinteren Körperhälfte verabreicht wurden, wurden als unangenehm empfunden. Mittlerweile hat sich das auch gegeben und der Stumpf kann ohne Probleme berührt werden.

    Die Rolle des Besitzers

    Auch wenn die Persönlichkeit der Katze eine große Rolle spielt, wie schnell sie sich mit der neuen Situation abfindet, ist es doch immer eine schwierige Anfangsphase. Die Situation, die zum Verlust der Gliedmaße führte war meist schmerzhaft und ist mit Angst verbunden, was zur Traumatisierung der Katze führt und die Anpassung an die neue Situation bedeutet weiteren Stress.Es ist ganz wichtig, dass die Besitzer ihre Katze in dieser schwierigen Phase unterstützen. Auch Buba stand einigen praktischen Problemen auf drei Beinen gegenüber: Er konnte nicht mehr auf seine liebsten Möbel springen und wäre fast verzagt, wenn seine Besitzer nicht die Möbel so umgestellt hätten, dass er leichter hinauf gelangen konnte. Mit der Zeit wuchsen Kraft und Zuversicht weiter und er konnte auch wieder auf ganz normalem Wege seine Lieblingsplätze erreichen.

    In ähnlicher Weise wurde verfahren, um Buba den Zugang zum Bett zu ermöglichen, ein kleiner Tritt überbrückte die am Anfang unüberwindliche Distanz. Auch das ist jetzt nicht mehr nötig. Auch mit dem Katzenklo gab es Probleme: Obwohl der Deckel abgenommen und ein kleiner Tritt bereitgestellt wurde, wollte er am Anfang nicht hinein gehen, er musste jedesmal herein gehoben werden und benötigte auch Unterstützung beim Verscharren seines Geschäfts, bis er einen Weg fand das wieder selber zu erledigen. Auch die Körperpflege nach dem Toilettengang war am Anfang nicht ohne Hilfe durchzuführen. Je mehr er die Balance zurückgewann und sich putzen konnte ,ohne dabei auf die Seite zu fallen, normalisierten sich auch seine Putz- und Toilettengewohnheiten. Bubas Verlangen, seine Unbeweglichkeit mit Fressen zu Kompensieren, wurde durch regelmäßiges Animieren zum Spielen gebremst, sobald er begann nach Futter zu suchen. Bald gewann sein natürlicher Spieltrieb wieder die Oberhand über die gesteigerte Fresslust. Die Gewichtskontrolle spielt bei einer dreibeinigen Katze eine besonders wichtige Rolle, da Übergewicht die Situation weiter erschwert und daher unbedingt vermieden werden sollte. Ein kalorienreduziertes Futter kann helfen. Zusammenfassend kann gesagt werden, dass der Besitzer eine entscheidende Rolle in der Anpassungsphase an das Leben auf drei Beinen spielt : Bei Schwierigkeiten ist die liebevolle Unterstützung eine wertvolle Durchhaltehilfe. Kleine Veränderungen in der Umgebung der Katze können schon viel bewirken und beschleunigen den Weg zurück zu einem fröhlichen, erfüllten Katzenleben

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